Ge·wis·sen/Gewíssen/Substantiv, Neutrum [das]:=
ethisch begründetes Bewusstsein von Gut und Böse (deutsches Wörterbuch in google – Suche)
Im letzten Beitrag habe ich erwähnt, dass wir von einer Welle angstmachender Nachrichten oft direkt überrollt werden. Beispiele gibt es genügend. Bei einer Selbstbeobachtung habe ich wirklich wichtige Erkenntnisse für mich gewonnen. Diese möchte ich euch nicht vorenthalten:
Schon in der Früh beginnt mein Spießrutenlauf der unbewussten Gewissensbelastungen: jeden Morgen gehe ich duschen und ja, ich verwende selbstverständlich marktübliche Produkte, wie Shampoo, Duschgel und Haarpflegemittel. Plötzlich fällt mir ein Bild ein, das ich irgendwo gesehen habe. Es schreit in meinem Gewissen: „Du produzierst also fleißig am Monster-Fettberg der Kanalisation mit!“, und es scheint mir, als sitze da ein kleines Männlein mit weißem Mantel und weißem Rauschebart, das den Kopf schüttelt und „tz, tz, tz“ zu sagen scheint.
So stelle ich mir mein Gewissen vor: klein, rein und manchmal unbeugsam und hart. Diese blöden Nachrichten! Gott sei Dank sind da keine Mikroplastikkügelchen drin – in den Pflegeprodukten zum Duschen! Puhhh… Glück gehabt!
Zum Frühstück gibts ein weiches Ei, schließlich muss man kohlenhydratarm essen und deshalb möchte ich nicht schon in der Früh anfangen… sonst… mein kleines weißes Männchen und tz, tz, tz… den Teelöffel Zucker muss es eh schon aushalten!
Nach dem Frühstück rauche ich eine Zigarette. Meine Güte, da schnaubt das weiße Männlein. Kein tz, tz, tz mehr, nur ein furchtbar mitleidiges Schauen und Kopfschütteln. Sieht ganz nach Resignation aus. Aber ja, so ist das eben mein kleiner Rauschebart.
Ich fahre an diesem Tag mit dem Auto zum Bahnhof – zack: Umweltverpester! Könntest doch zu Fuß gehen! Da ist es wieder: tz, tz, tz! Na, zum Glück fahre ich mit dem Zug nach Bozen! „Immerhin etwas“, denke ich mir und lächle.
In der Mittagspause wirds dann schlimm:
ich packe mein Mittagessen aus, das aus einem Salat und Thunfisch aus der Dose besteht. Diesen habe ich in einem Plastik(!)gefäß mitgebracht. Ich habe aber den Salat gewaschen vorher und darum habe ich das Plastik(!)gefäß in ein Plastik(!)sackerl gegeben, weil das Plastik(!)gefäß nicht wasserdicht schließt und ich meinen Rucksack innen trocken haben will. Mein weißes Männchen schnaubt schon etwas und schüttelt heftig den Kopf! Nach dem Essen hole ich mir ein Joghurt aus dem Geschäft und nun wird das weiße Männlein ganz rot im Gesicht. Aus mehreren Gründen: ich habe ein Fruchtjoghurt (ZUUUCKERGEFAHR) gekauft und es ist in einem Plastik(!)becher! Boahhhh…. echt schlimm für den Kleinen. Dann setz ich noch einen drauf: ich zünde mir genussvoll eine Zigarette an. Er ist aber auch nicht untätig und zeigt mir alle Horrorvisionen, die ich schon irgendwann, irgendwo gehört, gelesen oder gesehen habe: Übergewicht! Eine verkohlte Lunge (die ist eh gut sichtbar auf der Zigarettenpackung) grinst mich schreiend an und ich sehe mich mit Falten übersät, wie ich händeringend nach Luft schnappe. Die ist aber schon ganz verpestet von den vielen, bösen Dieselfahrzeugen!
Echt, der Kleine fährt die ganz großen Geschütze auf! Aber ich denke mir, als ich die beiden Lungen sehe auf dem hässlichen Bild (eine ist ganz schwarz und die andere weiß) „Die sind beide tot!“ – hehe, ein herber Rückschlag für meinen Rauschebart! Der Gipfel kommt aber noch, denn jetzt mache ich mir einen Kaffee im Büro. Nicht irgendeinen Kaffee, nein, einen supersüßguten Kapsel(!)kaffee, der die Milch schon drin hat und so gut nach Haselnüssen schmeckt! Yeah! Hammergut! Nicht ohne mein Männlein, das schnaubt, ganz rot im Gesicht ist und nur noch „NEEEEIIIINNNN“ schreit! Es zeigt mir was dieser böse Kaffee alles hat: Zucker, Plastik, möglicherweise noch irgendwelche E`s drin und ist natürlich blankes Gift!
Na, da freut sich der Kleine, wenn die Mittagspause vorbei ist, weil er sich dann etwas erholen kann von meinem Wahnsinn an Selbst- und Umweltzerstörung! Ich denke zwar, dass der Toner des Druckers auch nicht sonderlich gesund ist, oder die Druckerei auch nicht so ganz ohne Umweltsünden die Bücher gedruckt hatte, die in der Studienbibliothek sind, aber da weiß ich GOTT SEI DANK nicht viel darüber! Also keine Waffen für mein Männlein!
Zuhause angekommen wird gekocht. Aber selbst da ist mein weißes Männlein nicht zufrieden, denn oft gibt es Nudeln, oder Reis oder gar eine Pizza…. überall diese furchtbaren Kohlenhydrate drin und Fett! Und dann noch FLEISCH! Mein Schrittzähler am Armband hat auch noch eine Hiobsbotschaft: nur 5320 Schritte gemacht! Pah! Mein Rauschebart meint, dass ich so nicht lange leben werde! Immerhin ist der Kaffee nach dem Essen in einem Tab, das kompostierbar ist. Aber die Zigarette…uiuiui… der Kleine sieht wie zu Mittag aus, nur jetzt rauft er sich die Haare und scheint jeden Augenblick zu explodieren! Er brabbelt ständig vor sich hin, diese heftigen Worte: „Du wirst bald sterben, steeeerbeeeeen, einfach sterben wirst du, steeeerbeeeeen usw.“
Ihr seht also, dass ich tagtäglich mit diesem Gewissen herumlaufe, das ich etwas überspitzt und witzig dargestellt habe. Aber das ist nur ein kleiner Auszug, was sich so im Inneren abspielt.
Wikipedia sagt: „Üblicherweise fühlt man sich gut, wenn man nach seinem Gewissen handelt; das ist dann ein gutes oder reines Gewissen. Handelt jemand entgegen seinem Gewissen, so hat er ein subjektiv schlechtes Gefühl; ein schlechtes, nagendes Gewissen oder Gewissensbisse, was man auch als kognitive Dissonanz, eine fehlende Harmonie im Bewusstsein, beschreibt.“
Durch die extreme Agitation im Umwelt- und Gesundheitssektor, leben wir mit einem permanenten schlechten Gewissen. Das ist aber höchst ungesund! Wenn man dann auch noch als rechtsextrem bezeichnet wird, weil man sich für die eigene Kultur einsetzt, dann ist der Hammer perfekt. Es ist wirklich perfide, wenn den Menschen ständig das Gefühl gegeben wird, dass man nie gut genug sein wird. Egal wie man sich bemüht. Die Folge davon? Aus dieser negativen Reizüberflutung kommt man entweder durch totale Verweigerung – also taube Ohren, blinde Augen etc. – oder man verschreibt sich mit Leib und Seele der Umwelt, dem Gesundheitskult oder sonst einer Ideologie. Ja, so ist es. Das ist klar, denn nur wenn ich fanatisch im Umgang damit werde, werde ich Erfolg haben: ich werde schlank sein, oder ein militanter Nichtraucher, oder ein ideologischer Veganer oder ein vehementer Umweltschützer usw. usf.
Ich habe beschlossen, dass ich oft auf Durchzug schalten muss, denn ich will mein Leben genießen können. Eine Pizza ist so ein herrliches Geschenk und sollte doch vom ersten bis zum letzten Bissen genossen werden. Die gute Figur allein macht nicht glücklich! Es ist der Blick in die Augen des geliebten Menschen, wenn er uns mit seinem Blick seine ganze Liebe ausdrückt! Es sind die Momente, wenn meine zwei Stubentiger um meine Gunst wetteifern und sie mich anhimmeln, wenn ich sie streichle! Es ist das Lächeln, das mir ein Besucher beim Gehen schenkt und die Anerkennung und Kameradschaft meiner Kompanie. Familie, Freunde und die Anerkennung von Gleichgesinnten sind das Salz in unserem Leben. Es macht uns reich und sehr glücklich!
Also ihr Lieben lasst euch nicht hetzen und jagen, weder von eurem Gewissen, noch von selbsternannten Moralisten oder Anhängern irgendeiner Ideologie, die allesamt nicht glücklich sein können. Es sind Getriebene! Genießt die Stunden mit euren Lieben und lasst euch den Glühwein ruhig schmecken….
Ich sag euch jetzt nicht, was mein kleines, weißes Männchen dazu sagen würde…
Dazu fällt mir Adorno ein. „Es gibt kein richtiges Leben im falschen.“ Und meine Mutter, Gott hab sie selig, sagte in gegebenen Fällen: „Man muss auch mal Fünfe gerade sein lassen.“ Liebe Grüsse!
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Da hatte deine Mutter jedenfalls recht. Adorno, ja ihn hat so einiges belastet, da können wir uns glücklich schätzen. Zumindest noch! Danke für deinen Kommentar und den Hinweis auf Adorno. Hab schon lange nicht mehr an Adorno gedacht. Horkheimer und Adorno waren wirkliche Vorausdenker und konnten schon damals einiges sehen, was heute Realität geworden ist. Ich denke an das Kapitel der „Kulturindustrie“ im Buch „Dialektik der Aufklärung“. Verblüffend genau haben sie die Sendungen im Fernsehen beschrieben, wo alle anrufen können und mitabstimmen! Wünsche dir einen schönen Advent!
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Danke und beste Grüße zurück!
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