Muttersprache

Meine Muttersprache ist deutsch, wie sich vielleicht viele von euch schon gedacht haben. Ich liebe sie wirklich sehr. Ihre sprachlichen Möglichkeiten sind fantastisch und dies sage ich voller Überzeugung. Da ich des Englischen in Wort und Schrift mächtig bin und inzwischen auch Italienisch immer besser lerne (Niveau B1), wage ich zu behaupten, dass die deutsche Sprache eindeutig mehr Nuancen im Ausdruck möglich macht. Vielleicht glaube ich das, weil sie meine Muttersprache ist, also rein subjektiv? Ich bin aber nicht allein mit diesem Eindruck, denn schon J.R.R. Tolkien, der Autor von „Herr der Ringe“, „Der Hobbit“ und anderer Fantasy-Werke, sagte selbst einmal, dass er die deutschsprachigen Autoren beneide, da das Englische nicht diese vielschichtigen Ausdrucksmöglichkeiten habe wie das Deutsche.

Sprache schafft Identität! Wir nehmen das oft gar nicht mehr wahr, leider. Wir sind es gewöhnt, unsere Muttersprache zu verwenden. Aber an einem kleinen Beispiel kann ich den Unterschied von deutschen Muttersprachlern und anderen Muttersprachlern aufzeigen (frei nach Vera F. Birkenbihl):

Wir TREFFEN eine Entscheidung! Das bedeutet: wir zielen und schauen gaaaanz genau, bevor wir entscheiden, schließlich wollen wir ja auch die RICHTIGE Entscheidung TREFFEN! Wow, welch ein Druck! Wenn ich nicht treffe, habe ich versagt!

Die englischen Muttersprachler MACHEN eine Entscheidung: To make a decision. Ok. Wenn sie falsch ist, dann MACH ich mir halt eine NEUE! Klingt doch schon weit angenehmer, nicht wahr?! Die Angst vor der falschen Entscheidung ist nicht mehr so groß, denn ich kann ja wieder eine andere MACHEN!

Die italienischen Muttersprachler (und ich glaube auch die französischen, wenn ich mich nicht irre) NEHMEN eine Entscheidung. Prendere una decisione. Auch hier gilt: ist`s die Falsche gewesen, dann NEHME ich mir halt eine ANDERE!

Bei all diesen Beispielen geht bei mir das Kopfkino an! Wir haben eine Zielscheibe vor uns, die wir genau in der Mitte treffen müssen. Sportlich und konzentriert versuchen wir die richtige Entscheidung zu „erwischen“, zu treffen. Die Engländer sind in einer Werkstatt mit vielen Werkzeugen und Werkstoffen und freuen sich darauf, ihre eigene Entscheidung zu basteln. Die Italiener stehen vor einem Riesenbuffet und können sich die hübscheste Entscheidung aussuchen….irgendwie schon witzig.

Anhand von diesem kleinen Beispiel zeigt sich schon, welchen Einfluss die Muttersprache auf unser Wesen hat.  Vielleicht kommt daher auch die sprichwörtliche deutsche Gründlichkeit?

Allerdings nehmen die italienischen Muttersprachler auch bspw. eine Grippe. Ho preso l’influenza. Wie sah da das Buffet aus? Ach, lassen wir das lieber…

Wir haben die Grippe bekommen, wie ein Geschenk?! Oder sie hat uns gar erwischt! Oh je, ich war zu langsam, ich konnte ihr nicht entkommen!

Nun zu ein paar Lieblingswörter von meiner Muttersprache:

Kuddelmuddel, Tohuwabohu, mucksmäuschenstill, mutterseelenallein, Paragrafenreiter, Herzblut, Freudentaumel, jammerschade, fremdschämen und Heimat.

Interessant ist, dass das Wort „Tohuwabohu“ im ersten Kapitel der Bibel steht bzw. wird das hebräische Wort genauso ausgesprochen. Ich lernte mal ein bisschen Hebräisch aus Neugierde. Als ich den Lehrer fragte, was das „Tohuwabohu“ denn genau sei, meinte er, dass das niemand mehr sagen könne! Man nahm einfach an, dass es ein Wirrwarr, eine riesige Unordnung oder Ähnliches gewesen sei. Es existiert also ein hebräisches Wort im Deutschen!

Heimat ist auch ein Wort, das in keiner meiner bisher bekannten Sprachen eine Entsprechung findet. Am ehesten kommt das englische „homeland“ hin, aber trotzdem ist es keine Entsprechung.

Ich höre hier auch viel Radio und so hörte ich eine gewisse Diskussion zur Mehrsprachgkeit. Es gäbe viele junge Menschen, die weder ihre Muttersprache gut beherrschen noch die Zweitsprache. Leute konnten beim Sender anrufen und ihre Meinung sagen. Einer sagte am Telefon in etwa so: „Na, dann sterben wir Deutschsprachigen halt aus! Na und? Spielt das eine Rolle?“ Ui, da blieb mir fast der Bissen im Hals stecken, denn ich war wirklich schockiert! Das kann nur jemand sagen, der entweder keine Ahnung von seiner Muttersprache hat, oder der seine Identität hasst! Wie können Menschen so wenig Interesse daran haben, dass die deutsche Muttersprache – wie oben schon erwähnt, eine der facettenreichsten Sprachen zumindest in Mitteleuropa – erhalten bleibt in Südtirol? Wie kann man es gutheißen, dass junge Menschen ihre Muttersprache nicht richtig lernen? Was passiert mit Menschen, welchen man den verbalen Ausdruck verwehren will, denn schließlich ist die Muttersprache oft die einzige Möglichkeit, schier Unaussprechliches ins Wort zu bringen? Welche Kommunikationsform bleibt dann übrig, wenn ich nicht mehr fähig bin, argumentativ Probleme zu lösen? Das „Argument“ des Stärkeren?

Oh je, jetzt bin ich ein bisschen abgetriftet! Aber dieser Eifer für meine Muttersprache ist bei mir einfach ein bisschen ausgeprägter, als bei anderen Menschen. Dessen bin ich mir bewusst!

Natürlich ist zu beachten, dass ich erst wenige Sprachen beherrsche und ich hier im Blog rein subjektive Erfahrungen und / oder Beobachtungen schreibe.

Ich hoffe, dass ich euch etwas zum Nachdenken geben konnte und vielleicht entdeckt der eine oder die andere, ein neues Interesse an der Muttersprache…. Wär toll.

So bleibt mir nur, euch eine schöne Zeit zu wünschen mit hoffentlich weniger Unwetter, als in den letzten Tagen!

Wie immer freue ich mich über eure Rückmeldungen, kritischen Anmerkungen oder auch euer Lob!

 

 

 

8 Kommentare zu „Muttersprache

  1. Darf ich Dir ein kleines Geschenk aus meiner Sammlung überreichen? Mama, Papa, gaga, Bonbon, Blabla, Pipi, Popo, Kakao, Coca-Cola, Happi-happi, Wauwau, Muckefuck, Hoppelpoppel, Ping-Pong, Bumbum, Tamtam, Tuttifrutti, Tingeltangel, Techtelmechtel, Remmidemmi, Singsang, Schnickschnack, Schorlemorle, Larifari, Flip-Flop, Klimbim, dalli-dalli, Zickezacke, Wirrwarr, Kuckuck, ruckzuck, plemplem, Agar-Agar.

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  2. Muttersprache? Lange habe ich mich gefragt, welche ist meine. Ich war hin und her gerissen. Ich hatte immer das Gefühl keine von beiden perfekt zu können. Heute sage ich mir … man muß mich verstehen können und das liegt nicht immer an der Sprache.

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