I’ll be back

Nach langer Schreibpause melde ich mich zurück. Ich habe lange mit mir gerungen, ob ich überhaupt weiterschreiben soll. Schließlich hat mich die Lust am Schreiben doch wieder gepackt. Mein neues Leben in Südtirol hat eine interessante Wendung genommen. Die Krise hat mein Leben wieder verändert. Aber so ist es nun mal: das Leben. Ich bin nach wie vor glücklich in Südtirol, aber die Arbeitswelt hat mich in meiner alten Heimat wieder. Warum? Das erzähl ich euch jetzt:

Eine Arbeit in Südtirol – insbesondere im Südtiroler Unterland – zu finden, erfordert doch einiges an Italienisch – Kenntnissen. Aber das wäre nicht mal das Schlimmste. Da habe ich ja schon viel gelernt. Es betrifft meine Hauptkompetenz, und die ist im Sozialbereich. Ich habe die Ausbildungen dazu jedoch in Österreich absolviert und diese werden hier nicht anerkannt. Naja, so direkt hat das niemand gesagt. Aber es ist ein schier „unmögliches Unterfangen“ sich diese Ausbildungen anerkennen zu lassen. So eine Mitarbeiterin des Landes. Da ich das psychotherapeutische Propädeutikum an der Uni Innsbruck absolvierte, müsste ich mal alles übersetzen lassen. Ok. Das geht ja noch. Aber – und jetzt kommts – wahrscheinlich würde mir nur ein Teil angerechnet werden und dann müsste ich noch Fächer in Italien „nachstudieren“… Und dann hilft mir das exakt NULL, weil ich kein Fachspezifikum gemacht habe. Denn in Italien sind die Psychotherapeuten an die Sanität (also wie das medizinische Personal) gekoppelt.

Mit dem Propädeutikum könnte ich aber nicht in der Sanität arbeiten. Und eben auch nicht im Sozialbereich. Also gar nicht. Tja, alles in allem war das schon sehr ernüchternd, denn die anderen Jobs, die ich gefunden habe, waren alles andere als erbaulich. Es waren Jobs, die ich schon vor dreißig Jahren gemacht hatte. Gastronomie, Handel und vielleicht noch in der Industrie. Erschwerend kommt noch das extrem niedrige Lohnniveau. Erschreckend niedrig für mich.

Noch dazu erkennen die Betriebe solche Kompetenzen nicht bzw. wissen sie nicht zu nutzen. Das finde ich schade, aber so ist es nunmal. Ich konnte durch meine Ausbildung deutlich erkennen, dass beispielsweise die Betriebskommunikation eine Katastrophe ist. Die Geschäftsleitung aber über alles erhaben ist und sich blind und taub stellt. Sogar dann noch, wenn altgediente Mitarbeiter reihenweise davonlaufen. Oder die Betriebsführung das Personal schneller als ihre Unterwäsche wechselt. Warum das so ist, erschließt sich mir nicht. Offenbar nimmt man die Bezeichnung „human ressources“ wörtlich und eine beliebige Ressource ist austauschbar. Genauso sind die Menschen austauschbar. Wie ein Motor. Oder eine Schraube. Alles in allem bekam ich den Eindruck, dass nicht viel Wert auf das Menschsein gelegt wird. Funktioniere so wie ich will, oder du fliegst.

Kreativität, Freude, Sinnstiftung sind nicht erwünscht. Ziemlich ernüchternd, genau betrachtet. Ich sehnte mich also wieder nach einer sinnvollen, gestalterischen und menschlichen Arbeit. Diese fand ich wieder in meiner alten Heimat. Aber ich arbeite nur vier Tage in der Woche und verbringe meine gesamte Freizeit in Südtirol. Dies erschien mir die beste Lösung für mich.

Der Vorteil ist, dass ich weiterhin dieses unglaubliche Land entdecken kann und mit meiner großen Liebe meine Zukunft weiter verbringen kann. Schließlich geht unser Arbeitsleben langsam, aber sicher dem Ende zu. So können wir beide Tiroler Landesteile abwechselnd „beleben“.

Menschen wie ich, die sich nicht entmutigen lassen und immer wieder neue Wege finden, haben eindeutig Vorteile in dieser Welt. Ich lasse mich von Gott führen und leiten und versuche das, was ich erlebe und lerne in mir zu integrieren. Es erweitert den Horizont exorbitant. Als jemand in meiner alten Heimat sich über die schlechte Bezahlung beschwerte, dachte ich nur, dass ich früher auch so war. Heute weiß ich unser Niveau zu schätzen.

Abgesehen davon ist das Gesundheitssystem in Südtirol eine Katastrophe. Wirklich und wahrhaftig. Das erste, das ich gleich nach Arbeitsbeginn gemacht habe, ist, dass ich einige Arzttermine vereinbart habe. Direkt bei der Arztpraxis. Nicht so wie hier, dass man in irgendeiner Zentrale anrufen muss, um einen Termin zu bekommen. So kann es passieren, dass man einen Gynäkologen Termin erst nach einem Jahr bekommt, wenn man nicht Glück hat und jemand storniert hat.

Auf viele Untersuchungen müssen die Leute ein Jahr warten. Dachte mir oft, wenn du da etwas Ernstes hast, dann erlebst du die Untersuchung gar nicht mehr. So bezahlen viele den Arzt privat, da dann alles schneller geht. Die Zahnarztbehandlung ist generell privat. Dafür, dass man soooo viele Steuern zahlt, ist die Leistung des Gesundheitswesens echt mickrig.

In meiner alten Heimat traf ich auch deutsche Staatsbürger, die mir bestätigten, dass unser System besser und einfacher funktioniert als in Deutschland. Das will schon was heißen. Auch meine französische Freundin befand unser System weit effizienter als das in Frankreich. Natürlich gäbe es woanders wieder positive Dinge. So auch hier. Sobald man eine Arbeit beginnt, bekommt man einen Termin beim Arbeitsmediziner. Dieser checkt einen mal durch. Das finde ich auch ganz gut. Aber alles in allem ist unser System weit besser.

Hoffen wir mal, dass das auch in Zukunft so bleibt. Mit dieser Geldverbrennung durch die Krise wird es sicher nicht besser, befürchte ich mal. Ich lass mich überraschen.

So bin ich eben wirklich nicht mehr nur „Einheimische“, sondern eine „Zweiheimische“.

Ich wünsche euch allen einen tollen Frühling, der sich jetzt immer mehr seinen Weg zu uns bahnt. Genießt die Zeit und lasst euch nicht unterkriegen.

Eure Michaela